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Forschungsprojekt unter Tübinger Leitung gibt Neandertaler sein Gesicht zurück
Veröffentlicht am: 16.03.2006
Veröffentlicht von: Michael Seifert
Eberhard Karls Universität Tübingen
Kategorie: regional
Forschungsergebnisse
Biologie und Biotechnologie, Geowissenschaften, Geschichte, Medizin und Gesundheitswissenschaften
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150 Jahre nach der Entdeckung des Neandertalers wird heute die erste wissenschaftlich fundierte Rekonstruktion des Fundes präsentiert
Seit 1991 wird der erste und damit namengebende Neandertalerfund von 1856 im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojektes des Rheinischen LandesMuseums Bonn und der Universität Tübingen unter der Leitung von Priv.-Doz. Dr. Ralf W. Schmitz vom Institut für Ur- und Frühgeschichte umfassend neu untersucht. Heute wird das Ergebnis eines Teils dieses Projektes im Rheinischen LandesMuseum in Bonn vorgestellt: Das erste Schädel-Modell, das die Basis für eine beabsichtigte Gesichtsrekonstruktion des Neandertalermannes aus der Kleinen Feldhofer Grotte im Neandertal bilden soll.
Im Vorfeld wurden die Schädelknochen des Fundes durch moderne hochauflösende Computertomographen gescannt. Diese Daten wurden dann durch die Scans von neuentdeckten Knochenfragmenten ergänzt, die Jürgen Thissen und Ralf W. Schmitz 1997 und 2000 an der wieder entdeckten Fundstelle des Neandertalers im Neandertal ausgegraben hatten. Diese sind mittels einer computergestützten Rekonstruktion virtuell an das Schädeldach von 1856 angesetzt worden. Fehlende Teile wurden durch Spiegelung ergänzt oder durch dreidimensionale Daten eines sehr ähnlichen Neandertalers von der französischen Fundstelle La Ferrassie ersetzt.
Die so gewonnenen Computerdaten sind am Bonner Forschungsinstitut Caesar mittels moderner Lasertechnologie in eine sogenannte Stereolithographie, ein Kunststoffmodell, umgesetzt worden, das sowohl Innen- als auch Außenstrukturen zeigt. Bei diesem Prozess wird ein flüssiger Kunststoff durch Laserpulse an genau durch den Datensatz vorgegebenen Positionen gezielt gehärtet. Da das so entstehende Modell auf CT-Röntgendaten basiert, zeigt es nicht nur wie ein konventioneller Abguss Außenstrukturen des Knochens, sondern bildet auch alle inneren Strukturen gut ab.